Eine Synthese aus MUSIK , NATUR und SPIRITUALITÄT !
A B S O L U T E S G E H Ö R
ES HÖRT DOCH JEDER NUR , WAS ER VERSTEHT .
( Johann Wolfgang von Goethe )
Als Absolutes Gehör oder Tonhöhengedächtnis bezeichnet man die Fähigkeit eines Menschen , die Höhe eines beliebig gehörten Tones zu bestimmen , ohne dabei einen bestimmten Bezugston zu hören .
Für die Ursache dieser Fähigkeit existieren unterschiedliche Erklärungsmodelle .
Menschen mit einem Absoluten Gehör können die Töne , die sie hören richtig in ein Tonsystem einordnen und benötigen dafür keinen Vergleichston . Die sogenannten Absoluthörenden nehmen einen Ton wahr und können ihn dann präzise zum Beispiel als D , Fis oder H bezeichnen , während die meisten Menschen Töne nur relativ unterscheiden können . So können sie Tonarten bestimmen oder spezifische Töne singen , ohne sich an einem Ausgangston orientieren zu müssen . Bei ihrem musikalischen Wirken benötigen sie keine Stimmgabel , die Benennung musiktheoretischer Objekte wie Akkordbezeichnungen und Intervalle erfolgt ebenso unmittelbar , da die Einzeltöne individuell erkannt werden . Musik wird somit analytisch genau erfasst , was meist ein müheloses Reproduzieren ohne Notentext zur Folge hat . Menschen mit Absolutem Gehör sind meist in der Lage , Musikstücke die sie kennen oder hören unmittelbar an einem Instrument nachzuspielen , da sie das Gehörte hinsichtlich des Notentextes bereits identifiziert haben .
Die Fähigkeit ist mit einer Prävalenz von kleiner als einem Prozent in der Normalbevölkerung relativ selten , wird aber bei professionellen Musikern mit 20 Prozent häufiger beobachtet . Es wird vermutet , dass diese besondere Hörfähigkeit ein wesentlicher Aspekt von außergewöhnlicher Musikbegabung ist .
Die Ursache für dieses Tonhöhengedächtnis ist umstritten , es existieren unterschiedliche Erklärungsmodelle . Manche Theorien basieren auf der Annahme , das Absolute Gehör sei genetisch bedingt . Eine andere Theorie geht davon aus , dass alle Neugeborenen über eine solche Fähigkeit verfügen , um die Muttersprache erlernen zu können , und dass diese bei einer musikalischen Frühförderung erhalten bleibt . Man kann sich vorstellen , dass es eine angeborene Sensibilität gibt , die jedoch lediglich dann erhalten bleibt , wenn ein musikalisches Training stattfindet .
2009 fand man einen Zusammenhang zwischen dem Absoluten Gehör und Genen auf Chromosom 8 bei Europäern beziehungsweise Chromosom 7 bei Asiaten . Es ist nicht erwiesen , ob diese Gene eine notwendige Voraussetzung für den Erwerb des Absoluten Gehörs sind oder lediglich seine Entstehung begünstigen .
Nach einer DNA - Analyse von 73 Familien , in denen mindestens zwei Angehörige das Absolute Gehör hatten , identifizierten Forscher auf dem Chromosom 8q24.21 eine Gruppe von Genen , die sie mit dem Tonhöhengedächtnis in Verbindung bringen konnten . Ein entscheidendes Gen konnte allerdings nicht gefunden werden .
Erwiesen ist , dass bei Menschen mit dieser Fähigkeit Veränderungen im Gehirn , insbesondere im Auditiven Kortex nachweisbar sind .
Bei Menschen mit Absolutem Gehör ist der Planum Temporale auf der linken Seite des Gehirns stark vergrößert , ebenso die Heschl'schen Querwindungen . Hier werden akustische Signale verarbeitet . Teile des Hörzentrums sind um die Hälfte größer als bei Menschen ohne Absolutes Gehör . Für die Frequenzwahrnehmung ist ein signifikant größerer Teil des primären Hörzentrums zuständig . Die Neuronen benachbarter Hirnareale schalten sich ein , sobald ein akustischer Reiz verarbeitet wird . Neuronen , die für die Frequenzverarbeitung zuständig sind arbeiten enger zusammen , dies erleichtert eine Bestimmung der Frequenzen . Somit beruht das Absolute Gehör auf neuroanatomischen und funktionellen Unterschieden bei der Frequenzverarbeitung im Vergleich zu Menschen ohne Absolutes Gehör .
Prof. Lutz Jäncke
von der Universität Zürich
erklärt die Zusammenhänge zwischen dem Absoluten Gehör und der Gehirnstruktur :
Die neuronalen Grundlagen des Absoluten Gehörs werden am Lehrstuhl für Neuropsychologie der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Lutz Jäncke bereits seit vielen Jahren intensiv mit folgenden Ergebnissen erforscht :
Bei Menschen mit Absolutem Gehör wurde eine enge funktionelle Kopplung zwischen dem Hörkortex im Gehirn und dem Stirnhirn festgestellt . Eine Studie zeigt , wie beim absoluten Hören zwei Hirngebiete , nämlich der Hörkortex und der dorsale Frontalkortex zusammenarbeiten . Hierbei werden zwei eigentlich entgegengesetzte Erklärungsansätze für das Phänomen vereint :
1. Theorie : Absoluthörer kategorisieren Töne bereits auf einer sehr frühen Stufe der Tonverarbeitung . Sie verarbeiten Töne wie Sprachlaute und ordnen sie bestimmten Kategorien zu , was als kategorielle Wahrnehmung von Tönen bezeichnet wird . Diese Theorie geht davon aus , dass bei Absoluthörern die Töne im Gehirn bereits im primären und sekundären Hörkortex verarbeitet werden .
2. Theorie : Absoluthörer verarbeiten Töne erst später und assoziieren diese mit Gedächtnisinformationen . Menschen mit Absolutem Gehör beherrschen insbesondere die unbewussten Zuordnungen der Töne zu Gedächtnisinformationen sehr gut . Diese Zuordnungen werden vor allem im oberen Stirnhirn , im dorsalen Frontalkortex vorgenommen .
Beide Theorien machen hinsichtlich des Zeitpunktes und des anatomischen Ortes der Verarbeitung unterschiedliche Aussagen , für beide Theorien existieren jedoch unterstützende Befunde .
Erklärung : Der linksseitige Hörkortex und der linksseitige dorsale Frontalkortex sind bereits im Ruhezustand , d.h. wenn keine Aufgaben zu bewältigen sind , funktionell stark gekoppelt . Diese funktionelle Kopplung konnte anhand eines mathematischen Verfahrens geschätzt werden , das mittels EEG auf die Hirnaktivitäten im Inneren des Gehirns schließt . Bei Absoluthörern sind die neurophysiologischen Aktivitäten im Frontal - und Hörkortex synchronisiert , was auf eine enge funktionale Kopplung schließen lässt . Das bedeutet , dass die Hirngebiete , welche frühe Wahrnehmungsfunktionen ( Hörkortex ) bzw. späte Gedächtnisfunktionen ( dorsaler Frontalkortex ) kontrollieren , bereits im Ruhezustand eng verwoben sind . Diese Koppelung begünstigt einen besonders effizienten Informationsaustausch zwischen dem Hörkortex und dem dorsalen Frontalkortex bei Absoluthörern , sodass Wahrnehmungs - und Gedächtnisinformationen schnell und effizient ausgetauscht werden können .
Literatur : Bridging the gap between perceptual and cognitive perspectives on absolute pitch ( Lutz Jäncke , Stefan Elmer , Lars Rogenmoser , Jürg Kühnis , Januar 2015 )
Mit zunehmendem Alter , d.h. etwa ab dem 50. Lebensjahr neigen Absoluthörer dazu , die Töne einen halben Ton höher wahrzunehmen als sie tatsächlich sind . In einer Studie traten hierbei die meisten Fehler bei dem Ton Gis auf . Es wurde entweder garnicht oder fälschlicherweise als A benannt . Die Ursache hierfür gründet auf der Tatsache , daß die Basilarmembran im Ohr mit zunehmendem Alter elastischer wird . Die einzelnen Kaskaden / Haarzellen dieser Membran sind für die unterschiedlichen Tonhöhen zuständig . Eine Verschiebung dieser Kaskaden führt zu Irritationen hinsichtlich der Tonhöhenbestimmung .
Die Fähigkeit zum Absoluten Hören wurde auch bei einigen Tierarten nachgewiesen , darunter Wölfe , Blauwale , Mäuse , Fledermäuse und Vögel .
Das Erkennen bestimmter Tonhöhen ermöglicht die Identifikation von Sexualpartnern und Beute .
Die Synästhesie bezeichnet die Kopplung zweier oder mehrerer physisch getrennter Modalitäten der Wahrnehmung ( Sinnesempfindungen ) . Bei der häufigsten Form der Synästhesie nehmen die Betroffenen Gehörtes wie Sprache , Musik oder Geräusche unwillkürlich zusammen mit Zweitempfindungen wahr . Dabei kann es sich um Farben , geometrische Formen oder Farbmuster handeln . Den ursprünglichen Auslöser , also den über das Ohr wahrgenommenen Reiz und die optische Zweitempfindung erleben die Betroffenen als Einheit .
Einen Menschen mit dieser Art der erweiterten Wahrnehmung nennt man Synästhetiker oder Synästhet .
Dieser Hund kann mit seiner Pfote die Töne einer Flöte auf einer Klaviertastatur nachspielen .
Claire Ryann Crosby präsentiert ihr Absolutes Gehör , indem sie Filmmelodien in den richtigen Tonhöhen singt .
Hier kannst Du testen , ob Du Töne absolut bestimmen kannst .
Johanna Kelch erklärt in diesem Video was es bedeutet , als Synästhetiker zwei verschiedene Wahrnehmungen miteinander zu verknüpfen .
Dylan Beato erkennt , singt und notiert die Töne , die ihm sein Vater Rick Beato am Klavier vorspielt .
Ein Hund spielt Klavier und singt dazu .
NUR EIN NARR HÖRT ALLES , WAS IHM ZU OHREN KOMMT .
( Pierre Carlet de Marivaux )